YELL: Hallo, lieber Kämmerer.
Kämmerer: Hallo, YELLi
YELL: Beim Stöbern in unseren Archiven fanden wir heraus, dass wir noch nie einen Kämmerer oder vielmehr jemanden in seiner Funktion als Kämmerer interviewt haben. Warum bist du Kämmerer?
Kämmerer: So eine schwierige Frage lässt sich kaum monokausal beantworten.
YELL: Ähm, ok. Wenn du vielleicht so nett wärest, es dann multikausal zu versuchen?
Kämmerer: Achso, klar. Die meisten werden wahrscheinlich denken, dass es bestimmt wegen der 100 Taler monatlich ist, aber auch wenn 100 Taler ein nettes Zubrot sind, hat das mit meiner eigentlichen Motivation nichts zu tun.
YELL: Sondern?
Kämmerer: Mein Leben war so leer und ohne Sinn und mir dürstete nach Verantwortung.
YELL: Und dieser Durst wird vom Posten des Kämmerers gestillt?
Kämmerer: Selbstverständlich! Jeden Tag stelle ich mich den Herausforderungen dieses Postens aufs Neue. Behaupte mich vor den weltbewegenden Entscheidungen einer modernen Machtperson.
YELL: Und was für wichtige Entscheidungen wären das zum Beispiel?
Kämmerer: Zuallererst natürlich wie hoch der allgemeine Steuersatz in unserer Stadt ist.
YELL: Wie oft ändert ihr ihn denn?
Kämmerer: Bisher noch nie. Er steht ziemlich konstant auf 0 Talern. Irgendwann letztes Jahr hatte ich im Stadtchat mal laut darüber nachgedacht den Steuersatz zu erhöhen, da hat mich der Vogt auf die Blacklist gesetzt.
YELL: Das scheinen mir basisdemokratische Methoden bei euch zu sein!
Kämmerer: Nichts wird so kalt gekocht wie es gegessen wird. Ich hab dann mal flink unsere Webpage vom Netz genommen und dem Bürgermeister das gesteckt und schon hatten wir einen neuen Vogt und mein Name wurde auf der Blacklist durch den des alten Vogtes ersetzt. Trotzdem habe ich seitdem darauf verzichtet, die nötigen Anpassungen des Steuersatzes an die gestiegenen Versorgungskosten anzupassen.
YELL: Und das beschäftigt dich jetzt schon so lange?
Kämmerer: Natürlich, so wichtige Entscheidungen müssen ja regelmäßig überdacht werden und ich muss überprüfen, ob die alten Entscheidungsgrundlagen noch mit den jetzigen Zuständen konvergieren.
YELL: Aha! Wie sehen die anderen Pflichten und Verantwortungsbereiche aus?
Kämmerer: Aus der Sache mit den Webe- und Schmiedeaufträgen und dem ganzen Rohstoffkram halte ich mich raus. Dafür haben wir ja den Botschafter und inzwischen den Freimeister. Ich habe früh gelernt, dass man nur dann die nötige Reife für einen Posten hat, wenn man auch den Mut zu delegieren hat.
YELL: Klingt irgendwie toll … aber WAS tust du denn jetzt wirklich???
Kämmerer: Alle paar Monate bauen wir natürlich mal was und da bin ich direkt beteiligt.
YELL: Ist es aber nicht eigentlich so, dass der Bürgermeister die Arbeit hat und du den Bau nur bestätigen musst?
Kämmerer: Das mag dir jetzt einfach vorkommen, aber schließlich trage ich die volle Verantwortung dafür, dass unsere Taler und Rohstoffe wieder in den allgemeinen Kreislauf zurückgeführt werden. Leider erlaubt unsere angeschlagene finanzielle Situation momentan keine großen Sprünge, aber immerhin haben wir vor 6 Monaten dann doch mal eine Hütte bauen können.
YELL: Da bist du ja wahrlich voll ausgelastet. Und wie kamst du zu dem Posten?
Kämmerer: Als echter Vielspieler bin ich in unserer Stadt enorm wichtig und als ich eines Tages mal erwähnte, dass ich in eine andere Stadt ziehen wollte, fiel unserem BM zufällig ein, dass er mich schon seit Monaten fragen wollte, ob ich nicht ein wichtiges Amt übernehmen wollte. Da musste ich mich der Verantwortung natürlich stellen und konnte die Stadt nicht im Stich lassen.
YELL: Danke für diesen tiefen Einblick in das Kämmererdasein. Zu guter letzt ausnahmsweise mal eine persönliche Frage: Was ist dein Lieblingslied?
Kämmerer singt: Die Kämmerin vom Königssee … Jodelodidie, holladie, holladie …